Verhängnisvoller Besuch
Bis Sonntag, den 04.08.2019 war ich noch felsenfest der Meinung, dass ich definitiv keinen Thermomix von Vorwerk brauche. Wieso auch, ich kann schließlich kochen. Alles, was man dazu braucht, ist Geschmack und das Internet. Ich würde sogar behaupten, dass sich bisher auch kaum jemand über meine Kochkünste beschwert hat – okay, einmal habe ich eine Ente total versalzen, aber da war ich noch jung und unerfahren. Theoretisch würde ich mich auch an vieles heranwagen und ausprobieren - ich koche eigentlich gern -, praktisch ist mir der Aufwand oft zu groß. Ich bin nun mal voll berufstätig, arbeite montags bis freitags bis 18 Uhr, muss danach noch einkaufen und dann ewig kochen? Nein, das bisschen Freizeit will ich nicht in der Küche verbringen, erst kochen und dann den Berg Unordnung beseitigen, daher begrenzt sich mein Repertoire auf Standardgerichte, die ich blind kochen könnte und für die ich genau weiß, welche Zutaten ich brauche. Außerdem hat mein Mann keinen Geschmackssinn, und das wortwörtlich. Durch einen lang zurückliegenden Unfall riecht und schmeckt er sehr wenig. Nur die Grundbasics sind noch da, wie süß, salzig, bitter und scharf. Selbst sauer hat gelitten – saure Milch erkennt er erst, wenn der Kaffee plötzlich komisch aussieht. Irgendwie blöd, ich kann kochen, was ich will, es kann genial schmecken und er merkt es nicht beziehungsweise kaum. Auch wenn sich das böse anhört – wieso sollte ich dann stundenlang in der Küche stehen? Selbst wenn mir etwas schmeckt, haut er sich Chilisoße dran, um wenigstens etwas zu merken. Schwierig also und leider auch traurig, traurig für mich und ganz besonders auch für ihn, da ihm einfach viel zu viel entgeht.
Kommen wir zurück zum Sonntag. Meine Schwester, sie ist nur ein Jahr jünger als ich, versucht schon seit Monaten, seit sie ihren Thermomix TM5 von ihrer Schwiegermutter in spe abgekauft hat, mich von diesem Gerät zu überzeugen. Stolz kann ich sagen, dass sie bei mir auf Granit gebissen hat, ich blieb eisern, doch ist sie nicht dumm. Sie hatte uns zu sich eingeladen – immerhin musste ich ihr noch ihr Fahrrad zurückbringen, das ich mir geliehen hatte, und die Festzeltgarnitur, die wir in unserem Keller für sie aufbewahrt hatten. Diese Gelegenheit hat sie dann voll genutzt: Sie musste ihren Bestand an Kräutersalz und Gemüsepaste auffrischen – die, die sie mir zu Weihnachten geschenkt hatte, war auch schon lange leer –, und wer durfte alles zubereiten? Ich natürlich, da sie anderweitig beschäftigt war. Sie wollte mich eben so von den Vorzügen dieses Gerätes überzeugen. Da unsere Mutter auch einen Thermomix besitzt, den TM21, den sie aber nur sehr selten benutzt und der so mehr Staub ansetzt als alles andere (sorry Mutti 🤣 ), sollte mich die Bedienung kaum vor Überraschungen stellen. Dachte ich, doch weit gefehlt. Der TM5 mit seinem Touchdisplay ist von der Bedienung um einiges leichter, vor allem, da man so parallel kein Kochbuch mehr braucht, die Rezepte sind im Gerät gespeichert. Ein Kochbuch gibt es auch, in dem aber genau die gleichen Rezepte stehen. Wozu also ein Kochbuch? Falls der Strom mal ausfällt und man den Thermomix eh nicht mehr nutzen kann. Vielleicht wegen der größeren Bilder? Wer weiß ...
So weit, so gut also. Ich suchte mir das Rezept für Kräutersalz heraus und der Thermomix leitete mich haargenau durch das Rezept. Ich konnte nichts falsch machen, außer vielleicht zwei Teelöffel irgendeines Krautes statt einem hinzufügen. Also alles in den Topf, Deckel drauf und Drehzahl einstellen, und ... wow, war das laut, als die Messer zu arbeiten anfingen, sodass ich regelrecht zusammengezuckt bin. Irgendwas mit 82 dB habe ich später gelesen, das ist nur 1dB weniger als ein Föhn direkt am Ohr oder eine viel befahrende Straße. Ein paar Sekunden später war der Krach vorbei und mein Salz fertig und ich muss sagen, es war genial, also das Salz. Dank des frischen Knoblauchs roch es sehr stark, aber gut.
Weiter ging es mit der Gemüsepaste. Den Topf kurz ausgespült und abgetrocknet, kam zu allererst 50g Parmesan hinein, jedoch in maximal 2cm Stückchen. Der Sinn dahinter ergibt sich mir nicht ganz, da das ja eigentlich die Maschine erledigen sollte. Und wieso kommt Käse in eine Gemüsepaste? Ausgerechnet Parmesan, den ich nicht wirklich mag. Egal, ich hielt mich an das Rezept und drehte den Schalter auf zerkleinern, und wieder flogen mir die Ohren weg – spätestens jetzt waren auch die Nachbarn wach 😁 Dann noch dies, jenes und welches, alles zerkleinern lassen, Wasser und Wein dran, und 25 Minuten kochen. Zum Schluss den Parmesan dran, alles pürieren und fertig war die Gemüsepaste. Und leider Gottes hat das alles nicht nur einen reisigen Spaß gemacht, ich hatte bis auf ein Brettchen, ein Messer und den Teller, auf dem der Käse zwischendurch gelagert wurde, nichts zum Abspülen. Mein Interesse war tatsächlich geweckt. So ein Mist. Ich hasse meine Schwester – nein, stimmt nicht, ich liebe sie 😘
Da ich aber nicht andauernd Pasten und Salze herstellen wollen würde, damit sich eine Anschaffung rechtfertigen würde, und selbst dafür würden sich 1400 Euro nicht wirklich rechtfertigen, schnappte ich mir das Kochbuch und blätterte mich durch die Seiten. (Dafür ist also das Kochbuch – es soll Zweifler mit schönen Bildchen überzeugen.) Neben ein paar wirklich lecker aussehenden Suppen – mein Mann ist aber leider ein Suppenkasper, maximal eine Suppe in zwei Wochen ist für ihn in Ordnung – diversen Eis- und Marmeladenrezepten und Kartoffelbrei fand ich aber kaum etwas, dass mein Interesse weiter steigerte, mich sogar wieder etwas auf den Boden zurückholte, wie auch die Aussage meiner Schwester, dass sie ihren TM5 in der letzten Zeit weniger genutzt hatte. Klar könnte Mann oder eben Frau sehr viel damit machen, aber würde ich das auch? Die Kontraseite wuchs, während ich keine wirklichen Pro-Argumente fand, dennoch ließ mich der Gedanke einfach nicht mehr los.

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